Aufarbeitung: EKD-Studie ForuM

Forschung zu sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche und Diakonie Deutschland

Die ForuM-Studie wurde am 25. Januar 2024 veröffentlicht. Sie ist ein wichtiger Schritt der Aufarbeitung für die evangelische Kirche und Diakonie in Deutschland. Wie ist sie einzuordnen? Hier erhalten Sie einen Überblick.

Was die Abkürzung ForuM bedeutet

Das Akronym ForuM steht für "Forschung zu sexualisierter Gewalt und anderen Missbrauchsformen in der Evangelischen Kirche und Diakonie in Deutschland".

Für die evangelische Kirche bildet die ForuM-Studie eine systematische Grundlage für die institutionelle Aufarbeitung. Sie hilft, Zusammenhänge besser zu verstehen und Risiken zu minimieren. Die Schlussfolgerungen sollen die Präventions- und Interventionsarbeit als auch den Umgang mit betroffenen Menschen verbessern.

Wichtige Dokumente der ForuM-Studie

Hier finden Sie:

„Nicht die Betroffenen, wir als Institution müssen selbst Unrecht und Missstände ansprechen, angehen, aktiv aufarbeiten!"

Kirsten Fehrs, Amtierende Ratsvorsitzende der EKD

 

Maßnahmen für EKD und Landeskirchen
 

Langfristige und nachhaltige Veränderungen werden im Beteiligungsforum der EKD gemeinsam mit Betroffenen erarbeitet. Folgende Empfehlungen werden umgesetzt:

  • Im November 2024 verabschiedete die EKD-Synode eine Reform des kirchlichen Disziplinarrechts, die betroffenen Personen mehr Rechte gibt.
  • Die Synode der EKD hat einen Maßnahmenplan mit 12 konkreten, umfangreichen Maßnahmen zu den Ergebnissen der ForuM-Studie beschlossen, vorbereitet durch das Beteiligungsforum. Es gibt einen Fahrplan für die Umsetzung.
  • Die Vernetzungsplattform BeNe für betroffene Personen ist online.
  • Der Rat der EKD hat im März 2025 eine neue Anerkennungsrichtlinie verabschiedet. Sie setzt eine Vereinheitlichung und Verbesserung der Anerkennungsverfahren für betroffene Personen vor. Sie wird bis 2026 von den Landeskirchen umgesetzt. 

Klar ist: Für viele der Maßnahmen braucht es die Vereinbarung und Vereinheitlichung auf EKD-Ebene und unter den Landeskirchen. 

Das Ziel ist, nach gleichen Standards der Prävention und Intervention zu handeln, ebenso im Umgang mit Betroffenen und bei Anerkennungsleistungen. Der angemahnte Wandel von Kultur und Selbstverständnis ist ein langfristiges Ziel und verlangt beharrliche Auseinandersetzung.

 

Wie geht die Nordkirche mit den Ergebnissen der ForuM-Studie um?

Auch in der Nordkirche werden die Ergebnisse der ForuM-Studie breit diskutiert. Die folgenden Schritte geben die Auseinandersetzung damit wieder:

  • Die ForuM-Studie war Themenschwerpunkt auf der Landessynode am 22. und 23. Februar 2024. Es gab eine intensive Auseinandersetzung und deutliche Statements von leitenden Geistlichen. Hier finden Sie die Pressemitteilung der Synode zum Thema ForuM-Studie und sexualisierte Gewalt.
  • Rainer Kluck, bis Juni 2024 Leiter der Stabsstelle Prävention – Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt präsentierte dort einen umfassenden Bericht zur Arbeit der Nordkirche zum Thema sexualisierte Gewalt der vergangenen 10 Jahre.
  • Im April 2024 fand bereits die öffentliche Fachtagung ‚Fachforum Prävention‘ der Stabsstelle Prävention in Hamburg statt, zum Thema Betroffenenorientierung.  
  • Vom 14. bis 15. Februar 2025 lud die Stabsstelle mit der Evangelischen Akademie der Nordkirche zur Tagung „Ein Jahr ForuM-Studie: Kulturwandel im Fokus“ ein. Es wurde intensiv zum Thema des von der Studie deutlich angemahnten Kulturwandel diskutiert.
  • Es arbeiten mehr als 30 Fachkräfte im Themenfeld Prävention und Interventionin der Nordkirche, u. a. Präventions- und Meldebeauftragte in den 13 Kirchenkreisen und den Hauptbereichen der Nordkirche. Sie beschäftigen sich intensiv mit den Studienergebnissen und geben diese weiter.
  • Die Stabsstelle Prävention – Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt wurde vorausschauend schon während der Bearbeitung der ForuM-Studie 2021/22 auf 8 Vollzeitstellen erweitert.
  • Mit Stand 31.12.2024 sind 98 Prozent der aktiven Pfarrpersonen in der Nordkirche fortgebildet im Umgang mit dem sensiblen Thema.
  • Parallel laufen Sensibilisierungen, Schulungen und Schutzprozesse auf allen Ebenen weiter. Es gilt seit 2018 eine Meldepflicht für kirchlich Mitarbeitende für Vorkommnisse.
  • Es fand eine Vielzahl von Veranstaltungen jeweils in Kirchenkreisen statt. Auch Pröpste- und Pastorenkonvente in Sprengeln und Kirchenkreisen der Nordkirche haben die ForuM-Studie zum Thema gemacht.
  • Die über Jahre aufgebaute Präventions- und Interventionsarbeit beschreibt diese Website und die Broschüre FAQ Prävention Sexualisierter Gewalt.
  • Die Unabhängigen Regionalen Aufarbeitungskommission (URAK) Verbund Nord-Ost hat die Arbeit aufgenommen, Betroffenen-Vertreter*innen entscheiden ab nun über Aufarbeitung mit.

 

Die Ziele der Studie

Die unabhängige wissenschaftliche Studie hat mehrere Ziele: Einmal soll das Ausmaß des geschehenen Missbrauchs eingeschätzt werden. Dies ist jedoch nur im Hellfeld möglich, also bei Taten, die berichtet und beschrieben wurden.

Bloße Zahlen sind das eine. Hilfreicher und wertvoller für die Zukunft der Prävention sind die Erkenntnisse dazu, welche strukturellen Bedingungen innerhalb der Institution Taten von sexualisierter Gewalt begünstigt und ermöglicht haben. Hinzu kommt die Frage, welche Bedingungen zu Situationen führten, in denen Taten nicht erkannt, benannt und gestoppt wurden oder gar vertuscht.

Ganz ehrlich muss man sagen: Kirche muss mit der Tatsache umgehen, dass es sexualisierte Gewalt gab und wieder geben wird. Täter (und seltener Täterinnen) gehen heimlich vor, Taten sind häufig nicht oder schwer zu erkennen. Auch hier liefert die Studie neue Erkenntnisse, zur Verbesserung der in den Landeskirchen aufgebauten Maßnahmen für wirksame Prävention und Intervention.

 

Hintergrundwissen zur Studie

 

Die Eckdaten der Studie

  • Die Forschung zur Aufarbeitung wurde von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mit ihren 20 Landeskirchen initiiert.
  • Sie ist auf drei Jahre angelegt.
  • Die Kosten belaufen sich auf zirka 3,6 Millionen Euro.
  • Alle Landeskirchen beteiligen sich an der Finanzierung.
  • Die Forscher*innen arbeiten unabhängig.
  • Der Zugang erfolgt forscherisch über mehrere Wege: es gehen Perspektiven von betroffenen Personen in Interviews, Umfragen und Fallberichten ein, auch Perspektiven von beschuldigten Personen. Hinzu kommt der gesellschaftspolitische Zugang.
  • Untersucht werden auch Personal- und Disziplinarakten aus Archiven der Landeskirchen über einen Zeitraum von über 70 Jahren.
  • Das unabhängige und breit angelegte wissenschaftliche Forschungsprojekt umfasst ein integrierendes Metaprojekt sowie mehrere Teilprojekte.  

An der Forschung Beteiligte

Beteiligte Institutionen sind die Hochschule Hannover, die Universität Münster, die Bergische Universität Wuppertal, die Freie Universität Berlin, das Institut für Praxisforschung und Projektberatung München, das Universitätskrankenhaus Hamburg-Eppendorf, das Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim sowie die Universität Heidelberg.

Einen wichtigen Beitrag zur Studie leisten außerdem betroffene Personen, die sich als Interviewpartner*innen zur Verfügung gestellt haben.

Ein Verbundbeirat aus externen Wissenschaftler*innen, Betroffenen von sexualisierter Gewalt und kirchlichen Beauftragten begleitet das Forschungsprojekt.