Präventionsmaßnahmen

Instrumente zum Schutz vor sexualisierter Gewalt

Wie geht gute Präventionsarbeit? Was bedeutet es für meine Gemeinde und mich, sich mit Prävention zu beschäftigen? Hier finden Sie Antworten. Präventives Handeln in der Kirche zu verbreiten, ist Aufgabe und Ziel unserer Arbeit. Mit vielen kleinen und großen Projekten wirken Präventionsfachkräfte in der Stabsstelle und im weiten Raum der Nordkirche darauf hin, dass Prävention wirksam gelebt wird.

Vier Bereiche greifen ineinander

Recht, Qualifikation, Dienstpflicht und Fachstandards

Was tut die Nordkirche konkret im Kampf gegen sexualisierte Gewalt? Es gibt einen ganzen Katalog von Maßnahmen. Die Nordkirche hat Kompetenz und viele Stellen dafür aufgebaut.

Zum einen - das haben Sie vielleicht schon gelesen - gibt es in der Nordkirche so genannte Melde- und Präventionsbeauftragte. Die Meldebeauftragten sind geschulte Ansprechpersonen, die von Irritationen und Vorfällen erfahren sollen. Sie beraten Anfragende dazu. Kirchenmitarbeitende müssen einen Verdacht weitergeben. Niemand soll sagen: Wir haben nichts gesehen und bemerkt. Überall soll klar sein, an wen man sich wenden kann. Kontakte und nähere Informationen dazu finden Sie im Bereich Meldung & Intervention.

Die Präventionsbeauftragten tragen Prävention in die Nordkirche hinein. Sie begleiten Gemeinden und Institutionen in der Schutzkonzeptentwicklung, bei Maßnahmen für grundlegenden Schutz.

Melde- und Präventionsbeauftragte gibt es in allen 13 Kirchenkreisen, jeweils in den Diakonischen Werken von Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern und für die Hauptbereiche, also zentrale Bereiche der Nordkirche. Sie finden Kontakte im Bereich Ansprechpersonen Prävention.

Für die Prävention wirken folgende Maßnahmen zusammen:

  • Gesetze und Richtlinien Zugrunde liegen allen Maßnahmen das Präventionsgesetz der Nordkirche sowie Richtlinien der EKD. Sie bilden die Basis für alles präventive Handeln. 
  • Qualifikation Sie umfasst verpflichtende Fortbildungen sowie fakultative Weiterbildungsveranstaltungen, um Wissen und Haltung zu sexualisierter Gewalt zu etablieren und zu verbreiten.
  • Vorgaben für Mitarbeitende Zum Schutz vor Grenzverletzungen müssen haupt- wie nebenamtlich Mitarbeitende einen bestimmten Verhaltenskodex einhalten und Grenzen achten.
  • Fachliche Standards und Instrumente Vielleicht haben Sie schon von Schutzkonzepten gehört? Sie gelten als das derzeit wichtigste Instrument, um Präventionsmaßnahmen in Gruppen und Institutionen zu verbreiten. Die Fachstelle denkt vor und setzt Standards für Prävention und Intervention. Sie gibt Handreichungen und Rahmenkonzepte heraus und begleitet gemeinsam mit den dezentral etablierten Präventionsbeauftragten die Umsetzung von Präventionsmaßnahmen.

Die grundlegenden Maßnahmen

Hier finden Sie die Maßnahmen noch ausführlicher beschrieben:

 

1. (Kirchen-) Gesetzliche Vorgaben

Die Kirchenleitung der Nordkirche erließ als erste evangelische Landeskirche in Deutschland am 17. April 2018 ein

Präventionsgesetz, das alle Vorgaben zur Prävention und zum Umgang mit sexualisierter Gewalt festschreibt. Hinzu kommt eine

Ausführungsverordnung als Rahmenschutzkonzept.

Zugrunde liegt vielen Regelungen auch die

Gewaltschutzrichtlinie der EKD, Evangelische Kirche in Deutschland vom 19. Oktober 2019. 

 

2. Dienstrecht & Mitarbeitergewinnung
 

  • Basisfortbildung zur Prävention sexualisierter Gewalt Alle Pastor*innen der Nordkirche und Mitarbeitende in den Hauptbereichen sowie im kinder- und jugendnahen Bereich sind seit 2022 zur Fortbildung verpflichtet. Das gilt ebenso im Vikariat, im schulischen Referendariat als auch in der Gemeindepädagogik-Ausbildung.
  • Selbstverpflichtungserklärung Zur Fortbildung gehört eine Auseinandersetzung mit einer Verpflichtungserklärung, persönlich für Prävention und Schutz vor sexualisierter Gewalt zu sorgen.
  • Kinder- und Jugendarbeit In der Evangelischen Jugend, dem Jugendverband der evangelischen Kirche, sind Selbstverpflichtungen und ein Modul zur Prävention sexualisierter Gewalt in der Ausbildung zur Jugendgruppenleitung seit längerem Standard.
  • Abstinenz- und Abstandsgebot gelten seit 2022 im Präventionsgesetz. Das Abstinenzgebot verbietet sexuelle Kontakte von kirchlichen Mitarbeitenden zu Personen, zu denen ein berufsbedingtes Abhängigkeits- oder Vertrauensverhältnis besteht. Das Abstandsgebot fordert die professionelle Balance von Nähe und Distanz.
  • Erweitertes Führungszeugnis Die Kirche verlangt die Vorlage eines erweiterten polizeilichen Führungszeugnisses über gesetzliche Anforderungen hinaus von allen Haupt- und Ehrenamtlichen, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben. Es ist alle fünf Jahre neu vorzulegen.

3. Die Stabsstelle Prävention – Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt

Sie befinden sich auf der Webpräsenz genau dieser Stelle. Sie wurde im Jahr 2013 zunächst als „Koordinierungsstelle sexualisierte Gewalt“ gegründet und wuchs Schritt für Schritt. Um dem Anspruch auf nachhaltige Prävention gerecht zu werden, wurde sie 2020 konzeptionell ausgeweitet als unabhängige Stabsstelle der Kirchenleitung und ab 2022 mit zusätzlichen Stellen auf Dauer ausgestattet. Mehr darüber erfahren Sie auf der Seite Geschichte der Stabsstelle.

 

4. Präventions- und Meldebeauftragte

Das Präventionsgesetz installiert diese seit 2018 als Ansprechpersonen in allen 13 Kirchenkreisen, in den drei Diakonischen Werken und für die Hauptbereiche der Nordkirche. Die Präventionsbeauftragten tragen Präventionswissen in die Fläche, leiten Schutzkonzeptarbeit an. Die unabhängigen Meldebeauftragten stehen bereit, um professionell auf Verdachts- und Vorfälle reagieren zu können.

Basisfortbildung Sexualisierte Gewalt

Es ist erklärtes Ziel, dass überall in der Nordkirche Wissen zu sexualisierter Gewalt und deren Abwehr vorhanden sein muss. Doch es geht um mehr als Informationen und Fakten: Es braucht eine Kultur der Achtsamkeit und Aufmerksamkeit.

Daraus folgt, dass alle, die im Rahmen und in Räumen der Nordkirche Verantwortung übernehmen, Basiswissen zu sexualisierter Gewalt haben müssen. Das Präventionsgesetz verpflichtet darum alle Mitarbeitenden im kinder- und jugendnahen Bereich, Pastor*innen sowie Kandidat*innen der Vikariats-, Schulreferendariats- und Gemeindepädagogik-Ausbildung zur Auseinandersetzung mit dem Thema, von der Gruppen-Teamerin bis zum leitenden Geistlichen.

Die Stabsstelle Prävention sowie die Präventionsbeauftragten der Kirchenkreise bieten darum regelmäßig die Basisfortbildung Sexualisierte Gewalt an, die zentrale Inhalte vermittelt. Besprochen werden Definitionen sexualisierter Gewalt, Zahlen und Häufigkeiten, rechtliche Grundlagen und Normen, auch die der Nordkirche. Außerdem wird Wissen zu Täterstrategien, Beratung, Meldung und Intervention geteilt. Die Fortbildung ist als eintägiges Seminar angelegt, angepasst an die Bedarfe der jeweiligen Gruppe.

Der wichtigste Aspekt dabei ist jedoch die persönliche Auseinandersetzung mit dem Thema sexualisierte Gewalt, mit professionellem wie respektvollem Umgang mit Nähe und Distanz. Nur daraus erwächst eine klare Haltung. Daraus entsteht Aufmerksamkeit für risikoreiche Situationen sowie der Mut, grenzüberschreitendes Verhalten beim Namen zu nennen und zu beenden.

Die Selbstverpflichtungserklärung

Ein weiteres zentrales Instrument im Engagement gegen sexualisierte Gewalt ist die so genannte Selbstverpflichtungserklärung. Es handelt sich dabei um ein Dokument, das Mitarbeiter*innen auf den kirchlichen Verhaltenskodex zur Achtung von Grenzen, Verantwortung für Prävention und Hilfe im Falle sexualisierter Gewalt verpflichtet.

Auf den ersten Blick hat die ein- bis zweiseitige theoretische Erklärung nichts Zwingendes. Sie benennt jedoch den Maßstab allen Handelns. Als Verhaltenskodex macht sie klar, was Grenzverstöße sind und dass diese zum Handeln zwingen. Sie verdeutlicht die Vorgaben des Präventionsgesetzes und weist den Weg zur Umsetzung im Alltag. Praktisch ist die Erklärung ein Dokument, in dem Mitarbeitende per Unterschrift bekräftigen, am Schutz vor sexualisierter Gewalt in der Nordkirche mitzuwirken. Alle Pastor*innen und alle, die haupt- und ehrenamtlich mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, müssen sich damit beschäftigen.

Konkret unterschreiben Mitarbeitende, dass sie

  • sich für einen achtsamen Umgang miteinander einsetzen,
  • konkrete Maßnahmen zur Prävention ergreifen und
  • Hilfe holen bei Anhaltspunkten für sexualisierte Gewalt.

Sie erklären, dass sie

  • eine angemessene Balance von Nähe und Distanz wahren,
  • und Respekt wahren und die Grenzen anderer sowie die eigenen achten,
  • eine Vertrauensstellung nicht ausnutzen,
  • Stellung nehmen gegen diskriminierendes, gewalttätiges, sexistisches und
  • grenzverletzendes Verhalten und Sprache,
  • für eine offene Gesprächs- und Fehlerkultur sorgen,
  • dienstliche und private Kontakte abgrenzen.

Hier finden Sie die Selbstverpflichtungserklärung der Nordkirche und die der Jungen Nordkirche.

 

Das E-Learning: ein neues Programm zur Schulung

Zwei Jahre Entwicklungszeit und viel Herzblut stecken in im "E-Learning Basismodul Prävention Sexualisierter Gewalt." Das Modellprojekt ist ein Online-Kurs, der in wenigen Stunden Seite für Seite zum Durchklicken Wissen rund um sexualisierte Gewalt vermittelt. 

Der Vorteil sind die einfache Verbreitung und der einfache Zugang mit Code, per Computer mit Internetzugang. In der Landeskirche, die von Helgoland bis Usedom reicht, ist das ein riesiger Vorteil. Die Schulung kommt ins Haus, zugeschnitten auf kirchliche Gegebenheiten und Risikofaktoren.

Das Ziel ist, möglichst viele in der Kirche aktive Menschen zu erreichen, von der Gruppenleiterin über den Kirchenmusiker bis zum Kirchengemeinderatsmitglied. Sie alle benötigen Wissen und Motivation, um mitzuwirken, dass Kirche ein sicherer Ort ist. Wichtig zu wissen: Für Pastor*innen und Mitarbeitende im Kinder- und jugendnahen Bereich ist eine mehrstündige persönliche Fortbildung Pflicht.

Die Idee zum E-Learning entstand im Kirchenkreis Dithmarschen. Dan wurde es gemeinsam von den Präventionsbeauftragten der Kirchenkreise Dithmarschen und Schleswig-Flensburg und der Stabsstelle Prävention weiterentwickelt. Im April 2024 erfolgte die Fertigstellung. Andere Kirchenkreise und Bereiche der Nordkirche entscheiden nun über die Übernahme und lokale Anpassung.

Modellprojekt Schule

Die Fachstelle unterstützt die Schulstiftung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland bei der Etablierung ihrer Präventionsstrategie gemäß Präventionsgesetz. Hierzu gehört die Weiterentwicklung der Schutzkonzepte für alle Schulen, die Fort- und Weiterbildung von Multiplikator*innen und Referendar*innen sowie die fachliche Begleitung von Präventionsbeauftragten.

Im Rahmen eines gemeinsamen Modellprojektes zwischen der Fachstelle der Nordkirche und der Evangelischen Schulstiftung begleitet die Fachstelle in Kooperation mit dem PETZE-Institut für Gewaltprävention gGmbH die evangelische Schule Walkendorf und die evangelische Schule St. Marien Neubrandenburg intensiv bei der Entwicklung eines Schutzkonzeptes. Neben Ausstellungen zur Prävention sexualisierter Gewalt der PETZE, die eine erste Heranführung an die Thematik sind, unterstützt die Fachstelle auch den Partizipationsprozess an den jeweiligen Schulen und vernetzt die Schulen mit lokalen Ansprechpartnern.

Auf Grund der besonderen Bedingungen und Herausforderungen von Schutzprozessen an Schulen in evangelischer Trägerschaft dient dieses Projekt als Grundlage einer Evaluierung des Prozesses. Hieraus sollen ein Arbeitspapier mit Best-Practice-Hinweisen und eine Beratungsstruktur entstehen, um weitere Schulen entsprechend zu unterstützen und den Zugang zur Schutzkonzeptentwicklung zu erleichtern.

In Verbindung mit dem Modellprojekt wurde im Mai 2022 das 3. Fachforum Prävention mit dem Themenschwerpunkt „Schutzkonzepte entwickeln – Prävention und Intervention an Schulen in evangelischer Trägerschaft“ abgehalten.

Evangelische Schulstiftung

PETZE-Institut für Gewaltprävention

Präventionsgesetz der Nordkirche